Es gehört zum Menschsein dazu: Wenn das Leben überwältigend wird, sehnen wir uns oft nach einem Ausweg. In Zeiten von Leid oder Stress träumen viele von einem Ort der Ruhe, weit weg von Verantwortung und Schmerz. Manchmal wünschen wir uns, wir könnten einfach davonfliegen – frei wie ein Vogel, hoch oben über allem Leid.
Dieses Gefühl kannte auch David nur zu gut. In einer seiner dunkelsten Lebensphasen – als er vor König Saul floh und sich in Höhlen und in der Wildnis versteckte – schüttete er Gott sein Herz aus:
Psalm 55,6–9 (LUT 2017):
„Furcht und Zittern ist über mich gekommen, und Grauen hat mich überfallen.
Ich sprach: O hätte ich Flügel wie eine Taube, dass ich flöge und Ruhe fände!
Siehe, so wollte ich in die Ferne fliehen und in der Wüste bleiben.
Ich wollte eilends entrinnen vor dem Sturmwind und Wetter.“
David wollte dem Chaos entkommen. Er sehnte sich nach Flucht. Doch Gott gab ihm keine Flügel – und uns auch nicht.
Warum?
Weil wir nicht dazu geschaffen wurden, vor den Herausforderungen des Lebens davonzulaufen. Von 1. Mose bis zur Offenbarung zeigt uns die Bibel: Gottes Volk ist nicht berufen, der Welt zu entkommen, sondern in ihr auszuharren. Heiligung geschieht nicht durch Rückzug, sondern durch treues Gehen mit Gott mitten im Leid, im Widerstand und in der Spannung.
Jesus selbst bestätigt das in seinem Gebet an den Vater, kurz vor seiner Kreuzigung. Über seine Jünger sagte er:
Johannes 17,15 (LUT 2017):
„Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen.“
Christus betet nicht um unsere Flucht vor der Not, sondern um unseren Schutz inmitten der Not. Das ist das Muster des Evangeliums: Gott beruhigt nicht immer den Sturm – aber er geht mit uns hindurch.
Manchmal gebraucht Gott sogar gerade jene Menschen, die uns ablehnen, um seine Pläne zu erfüllen. Er versorgt uns mitten unter unseren Feinden – nicht, um sie zu beschämen, sondern um seine Treue zu zeigen.
Psalm 23,5 (LUT 2017):
„Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.
Du salbst mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein.“
Das ist göttliche Souveränität in Aktion. Gott entfernt nicht jeden Dorn aus unserem Fleisch, aber er verwandelt Schwierigkeiten in heiligen Boden. Er formt unseren Charakter durch Prüfungen (Römer 5,3–4), lehrt uns, auf seine Kraft zu vertrauen (2. Korinther 12,9) und zieht uns im Leiden näher zu sich (Philipper 3,10).
Darum, lieber Glaubensbruder, liebe Glaubensschwester: Hör auf, dich nach völliger Abgrenzung von Herausforderungen oder schwierigen Menschen zu sehnen. Das ist nicht das Leben, zu dem wir berufen sind. Wir haben keinen Frieden durch Flucht versprochen bekommen, sondern Frieden in Christus, der mitten in allem bei uns ist.
Denk daran:
Gott hat uns keine Flügel wie Tauben gegeben, um vor dem Leid zu fliehen.
Aber er hat uns seinen Geist gegeben, damit wir standhalten können.
Shalom.