ICH BIN WIE EIN EINSAMER VOGEL IN DER WÜSTE GEWORDEN

by Rogath Henry | 14 April 2022 08:46 a.m.04

Gepriesen sei der Name unseres Herrn und Retters Jesus Christus, der das Herz der Gebrochenen heilt und die Einsamen tröstet.

Was bedeutet Psalm 102,6?

„Ich gleiche dem Pelikan in der Wüste, bin wie die Eule in den Trümmern.“
(Psalm 102,6 – Lutherbibel)

Der Psalmist gebraucht hier ein eindrucksvolles Bild aus der Natur, um seine tiefe Einsamkeit, sein Leiden und seine völlige Abhängigkeit von Gott auszudrücken.
Der „Wüstenvogel“ oder die „Eule“ in diesem Vers steht für ein Geschöpf, das abgelegene, öde Gegenden bewohnt – fern von menschlicher Gesellschaft. Es verbirgt sich in Trümmern, verfallenen Gebäuden oder sogar auf Friedhöfen. Diese Vögel leben meist allein und rufen in der Nacht – ein Bild für das klagende Gebet des Psalmisten in dunkler Zeit.

Ein persönliches Bild der Einsamkeit

Einmal, als ich auf einem einsamen Berg betete, weit entfernt von menschlicher Gemeinschaft, hörte ich den Ruf einer einzelnen Eule in der Nacht. Ihr einsamer Schrei spiegelte genau das wider, was der Psalmist fühlte – Verlassenheit, aber zugleich Hoffnung, dass Gott ihn hört.
So zeigt uns dieses Bild: Gott sieht uns auch dann, wenn wir uns völlig allein fühlen.

Wie ein Spatz auf dem Dach

In Vers 7 vergleicht sich der Psalmist zusätzlich mit einem „einsamen Spatz auf dem Dach“. Normalerweise leben Spatzen in Schwärmen. Wenn einer allein bleibt, bedeutet das Schwäche, Verletzlichkeit oder Verlust. Damit beschreibt der Psalmist die ganze Tiefe seines inneren Schmerzes und seiner Hilflosigkeit.


Theologische Bedeutung

Psalm 102 gehört zu den sogenannten Buß- und Klagepsalmen. Er zeigt die Zerbrechlichkeit des Menschen, das Leiden und die Vergänglichkeit des Lebens.
Doch diese Klage ist kein Zeichen der Gottferne, sondern ein Ausdruck tiefster Abhängigkeit von Ihm. Der Psalmist bringt seine Not ehrlich vor Gott – und genau darin liegt wahre Nähe zu Ihm.

„Wenn die Gerechten schreien, so hört der HERR und errettet sie aus all ihrer Not.“
(Psalm 34,18)

Echte Klage ist keine Verzweiflung, sondern ein Akt des Vertrauens. Wer klagt, glaubt noch, dass Gott hört.


Psalm 102,1–8 (Lutherbibel)

1 HERR, höre mein Gebet und lass mein Schreien zu dir kommen!
2 Verbirg dein Angesicht nicht vor mir in der Zeit meiner Not; neige dein Ohr zu mir!
3 Denn meine Tage schwinden wie Rauch, und meine Gebeine glühen wie ein Brand.
4 Mein Herz ist geschlagen und verdorrt wie Gras, sodass ich mein Brot vergesse zu essen.
5 Vor lauter Seufzen klebt mein Gebein an meinem Fleisch.
6 Ich gleiche dem Pelikan in der Wüste, bin wie die Eule in den Trümmern.
7 Ich wache und bin wie ein einsamer Vogel auf dem Dache.
8 Täglich schmähen mich meine Feinde; die mich hassen, fluchen mit meinem Namen.


Gott hört die Klage der Einsamen

Trotz all seiner Qual findet der Psalmist Hoffnung in Gott.
Er weiß: Der Herr wird Zion wieder aufrichten, die Gebete der Elenden erhören und Seine Herrlichkeit offenbaren.

„Denn der HERR schaut von seiner heiligen Höhe, vom Himmel blickt er auf die Erde,
um das Seufzen der Gefangenen zu hören und die Kinder des Todes zu befreien.“

(Psalm 102,20–21)

Diese Worte lehren uns, dass Gott niemals gleichgültig bleibt gegenüber menschlichem Leid. Selbst wenn wir uns von allen verlassen fühlen, bleibt Gott uns nahe.

„Der HERR ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die zerschlagenen Geistes sind.“
(Psalm 34,19)


Praktische Anwendung

Wenn du dich heute verlassen, überfordert oder innerlich leer fühlst – wie der einsame Vogel in der Wüste – erinnere dich: Gott sieht dich.
Er hört dein leises Weinen in der Nacht. Er vergisst keinen Ruf aus der Tiefe.
Vertraue darauf, dass Er tröstet, heilt und Wege öffnet, wo keine sichtbar sind.

„Denn der Herr verwirft nicht ewig; sondern wenn er betrübt hat, so erbarmt er sich nach der Menge seiner Gnade.“
(Klagelieder 3,31–32)

Gott lässt Leid niemals ohne Sinn zu. Es dient dazu, uns zu läutern und uns näher zu Seinem Herzen zu führen.

„Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.“
(Römer 8,28)


Schlussgedanke

Psalm 102 zeigt uns: Einsamkeit und Leid sind keine Beweise für Gottesferne – sie sind Einladungen, Ihn tiefer zu suchen.
Selbst in der Wüste hört Er den Ruf Seiner Kinder.
Vertraue Ihm, denn Er ist deine Zuflucht und deine Stärke, auch wenn du dich wie ein einzelner Vogel in der Dunkelheit fühlst.

„Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ (Psalm 23,1)

Möge der Herr dich trösten, stärken und dir in Zeiten der Prüfung Seine Nähe offenbaren.
Er sieht dich. Er hört dich. Und Er liebt dich.

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