In Matthäus 21,12 lesen wir, wie Jesus in den Tempel hineinging und alle hinaustrieb, die dort kauften und verkauften. Er stieß die Tische der Wechsler und die Stände der Taubenverkäufer um.
Er sprach:
„Es steht geschrieben: ›Mein Haus soll ein Bethaus heißen‹; ihr aber macht eine Räuberhöhle daraus.“ (Matthäus 21,13; Lutherbibel 2017)
Der Tempel in Jerusalem war das Zentrum der jüdischen Anbetung. Er war nicht nur ein Gebäude, sondern der heilige Ort, an dem die Gegenwart Gottes wohnte (Psalm 132,13–14). Gott hatte den Israeliten geboten, ihre Opfer und Gaben dorthin zu bringen – als Ausdruck der Anbetung und zur Sühne ihrer Sünden (3. Mose 1,1–17).
Ein Teil dieses Systems war die sogenannte „halbe Schekelsteuer“ (2. Mose 30,13), die der Unterstützung des Tempels und seines Dienstes diente. Jeder Israelit ab dem 20. Lebensjahr war verpflichtet, diesen Betrag zu zahlen. Das Geld wurde verwendet, um den Tempel instand zu halten, die Arbeit der Priester zu finanzieren und das Opferwesen zu sichern. Diese Abgabe war auch ein Zeichen der Anerkennung von Gottes Versorgung und Herrschaft.
Da viele Juden aus fernen Ländern zum Passahfest nach Jerusalem kamen, brachten sie oft ausländisches Geld mit. Die Wechsler wurden daher benötigt, um fremde Münzen in den jüdischen Schekel umzutauschen. Doch mit der Zeit wurde diese an sich nützliche Praxis korrumpiert.
Anstatt einen ehrlichen Dienst zu leisten und faire Wechselkurse anzubieten, wurden die Wechsler Teil eines Systems der Ausbeutung. Die „Räuberhöhle“, von der Jesus sprach (Matthäus 21,13), war nicht nur ein Symbol geistlicher Verderbnis, sondern zeigte auch die Gier und Heuchelei der religiösen Führer. Die Wechsler verlangten überhöhte Gebühren und nutzten die Not der Gläubigen aus, die ihr Geld für die Opfergaben wechseln mussten.
In Johannes 2,13–16 finden wir eine parallele Begebenheit: Jesus treibt die Händler aus dem Tempel und fertigt sogar eine Geißel aus Stricken, um die Verkäufer der Opfertiere hinauszutreiben. Dort sagt er:
„Macht nicht das Haus meines Vaters zu einem Kaufhaus!“ (Johannes 2,16; Lutherbibel 2017)
Jesu Handeln im Tempel war eine machtvolle Demonstration der Heiligkeit Gottes. Sein Zorn richtete sich nicht nur gegen unfaire Geschäfte, sondern gegen die Entweihung des heiligen Ortes. Der Tempel, der ein Ort der Begegnung mit Gott sein sollte, war zu einem Ort der Ausbeutung und Ablenkung geworden.
Die Reinigung des Tempels hatte eine tiefere, geistliche Bedeutung. So wie Jesus den physischen Tempel von Unreinheit befreite, machte er zugleich eine Aussage über den geistlichen Tempel – das Herz des Menschen.
Im Neuen Testament werden Christen als der Tempel Gottes bezeichnet (1. Korinther 6,19):
„Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch ist und den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört?“
Paulus schreibt weiter:
„Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wenn jemand den Tempel Gottes verderbt, den wird Gott verderben; denn der Tempel Gottes ist heilig – der seid ihr.“ (1. Korinther 3,16–17; Lutherbibel 2017)
Jesu Reinigung des Tempels war also ein Sinnbild für das, was er im Leben jedes Gläubigen tun will: Er möchte unsere Herzen reinigen von Sünde, Selbstsucht und Gier.
Jesu Zorn über die Wechsler war kein bloßer Unmut über ungerechte Geschäfte. Es ging um die Entweihung des Heiligen. Der Tempel sollte ein Ort des Gebets, der Anbetung und der Versöhnung sein. Durch die Kommerzialisierung des Tempels wurde dieser Zweck pervertiert.
Jesus sagte in Markus 11,17:
„Steht nicht geschrieben: ›Mein Haus soll ein Bethaus heißen für alle Völker‹? Ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht!“ (Markus 11,17; Lutherbibel 2017)
Er zitierte dabei Jesaja 56,7 und Jeremia 7,11 und erinnerte an Gottes ursprüngliche Absicht: Der Tempel sollte ein Ort sein, an dem Menschen aus allen Nationen beten konnten. Stattdessen war er zu einem Ort der Bereicherung geworden.
Leider ist der Geist der Habsucht und Ausbeutung, den Jesus einst im Tempel verurteilte, auch heute noch in vielen religiösen Kontexten zu finden. Manche nutzen geistliche Dinge zum eigenen Vorteil – sei es durch überteuerte „geistliche Produkte“, Gebühren für religiöse Dienste oder eine Kommerzialisierung des Glaubens.
„…die meinen, die Frömmigkeit sei ein Mittel zum Gewinn.“ (Lutherbibel 2017)
Eine solche Haltung verdreht die Botschaft des Evangeliums. Was Gott aus Gnade frei schenkt, wird von Menschen in ein Geschäft verwandelt.
Der Apostel Paulus schrieb:
„Denn wir sind nicht wie die vielen, die mit dem Wort Gottes Geschäfte machen; sondern wie man aus Lauterkeit und aus Gott redet, so reden wir vor Gott in Christus.“ (2. Korinther 2,17; Lutherbibel 2017)
Wahre Diener des Evangeliums suchen nicht ihren eigenen Vorteil, sondern dienen mit Aufrichtigkeit und Hingabe.
Jesu Reinigung des Tempels ist nicht nur ein historisches Ereignis, sondern ein Spiegel seines anhaltenden Wirkens: Er möchte seine Gemeinde und sein Volk von Korruption und Gier reinigen.
„Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit.“ (Hebräer 13,8; Lutherbibel 2017)
Wie damals im Tempel ruft Jesus auch heute zur Reinheit und Heiligkeit in seiner Kirche. Er will die Herzen seiner Nachfolger reinigen und sie zurückführen zum wahren Sinn der Anbetung – zur Gemeinschaft mit Gott.
Im Neuen Bund ist der Tempel kein Gebäude mehr, sondern die Gemeinschaft der Gläubigen – die Kirche. Wir sind berufen, in unserem Leben die Heiligkeit und Reinheit Gottes widerzuspiegeln.
Jesus warnte die religiösen Führer:
„Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird von euch genommen und einem Volk gegeben werden, das seine Früchte bringt.“ (Matthäus 21,43; Lutherbibel 2017)
Wahre Anbetung, frei von Gier und Berechnung, wird bei denen zu finden sein, die Gott mit ihrem Leben ehren – nicht mit ihrem Profit.
Jesu Handeln im Tempel ist eine ernste Mahnung: Gottes Haus soll heilig bleiben. Wir dürfen geistliche Dinge nicht für persönlichen Gewinn missbrauchen, sondern sollen unser Leben als wahres Opfer der Anbetung darbringen.
Das schließt auch ein, dass wir unsere Herzen – den Tempel des Heiligen Geistes – rein bewahren und sorgfältig mit dem umgehen, was Gott heilig nennt.
„Und lasst euch auch als lebendige Steine aufbauen zu einem geistlichen Haus, zu einer heiligen Priesterschaft, zu opfern geistliche Opfer, die Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus.“ (1. Petrus 2,5; Lutherbibel 2017)
Möge unser Leben Gott wohlgefällig sein, und mögen wir ihn stets in Geist und Wahrheit anbeten – so, wie er es verdient.
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