Frage: Was hatte es mit dem Schwamm und dem Essig auf sich, die Jesus bei seiner Kreuzigung gegeben wurden? Und warum wurden sie überhaupt verwendet?
Antwort:
Lass uns zunächst den Bericht aus dem Johannesevangelium anschauen:
Johannes 19,28–30 (LUT 2017):
28 Danach, als Jesus wusste, dass schon alles vollbracht war, spricht er, damit die Schrift erfüllt würde: „Mich dürstet!“ 29 Da stand ein Gefäß voll Essig. Sie aber füllten einen Schwamm mit Essig, steckten ihn auf einen Ysop und hielten ihn Jesus an den Mund. 30 Als nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: „Es ist vollbracht!“ Und er neigte das Haupt und verschied.
In der Swahili-Bibel steht das Wort sifongo, was dem englischen sponge entspricht – also ein Schwamm. Umgangssprachlich sagt man in manchen Regionen auch sponji oder sponchi. Schwämme sind weiche, poröse Materialien, die Flüssigkeiten gut aufsaugen können.
Damals benutzte man keine künstlich hergestellten Schwämme, wie wir sie heute kennen, sondern natürliche Meeresschwämme. Der Schwamm, der Jesus gereicht wurde, war wahrscheinlich genau so einer – biologisch, natürlich und saugfähig.
Der Begriff Essig im Neuen Testament meint nicht den scharfen Essig, den wir zum Kochen verwenden. Gemeint ist vielmehr ein sauer gewordener, verdünnter Wein – eine Art billiges Getränk, das römische Soldaten oft tranken. Man nannte es Posca. Für die Soldaten war es erfrischend, aber für andere – wie Jesus am Kreuz – war es bitter.
Warum ist dieses Detail so wichtig?
In Psalm 69,22 steht:
„Sie geben mir Galle zu essen und Essig zu trinken für meinen Durst.“
Jesu Durst und die Reaktion der Soldaten erfüllen diese messianische Voraussage. Damit wird bestätigt, dass Jesus wirklich der verheißene Retter ist – und dass Gottes Plan ganz genau so aufgeht, wie es vorausgesagt wurde.
Als Jesus sagte „Mich dürstet“ (Johannes 19,28), war das nicht einfach eine beiläufige Bemerkung. Es war der echte Ausdruck körperlichen Leidens. Obwohl Jesus ganz Gott war, war er auch ganz Mensch – und hier sehen wir seine Schwachheit, seine Schmerzen, seinen Durst.
Nachdem er vom Essig getrunken hatte, sagte Jesus: „Es ist vollbracht.“ Im Griechischen steht hier das Wort tetelestai, was wörtlich bedeutet: „vollständig bezahlt.“ Jesus hat mit seinem Tod das Erlösungswerk vollendet. Er hat die Schuld der Menschheit getragen und die Gerechtigkeit Gottes erfüllt – wie Paulus in Römer 3,25–26 beschreibt.
Auf den ersten Blick mag es grausam oder sogar höhnisch wirken, Jesus einen Schwamm mit saurem Wein an einem Ysopzweig zu reichen. Doch dieser Moment ist voller tiefer Symbolik:
Ysop war im Alten Testament ein wichtiger Bestandteil ritueller Reinigungen. Beim ersten Passah in 2. Mose 12,22 wurde Ysop verwendet, um das Blut des Lammes an die Türpfosten zu streichen – als Schutz vor dem Gericht Gottes. Auch Psalm 51,9 greift dieses Bild auf: „Entsündige mich mit Ysop, dass ich rein werde.“
Dass der Essig also an einem Ysopzweig gereicht wurde, verbindet Jesus mit dem Passahlamm. Er selbst ist das wahre Opferlamm – wie Paulus es in 1. Korinther 5,7 nennt: „Denn auch unser Passalamm ist geopfert, das ist Christus.“
Ob die Soldaten Jesus verspotten oder ihm ernsthaft etwas zum Trinken geben wollten, wissen wir nicht sicher. Aber eins steht fest: Gott gebrauchte auch diesen Moment, um sein Wort zu erfüllen und die Identität Jesu als den leidenden Knecht Gottes sichtbar zu machen – genau wie in Jesaja 53,3–5 beschrieben.
Was auf den ersten Blick wie ein kleines Detail wirkt – ein Schwamm, ein Schluck saurer Wein, ein Zweig – hat in Wirklichkeit gewaltige geistliche Bedeutung. Diese Szene am Kreuz zeigt uns:
Durch diesen letzten Akt öffnete sich der Weg zum ewigen Leben – für jeden, der an ihn glaubt.
Möge der Herr dir geistliches Verständnis schenken und dich tiefer in die Wahrheit seines Wortes führen.
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