Startseite / Begrüßt einander mit dem Kuss der Liebe. Friede sei mit euch allen, die ihr in Christus seid.
FRAGE:
Die Bibel fordert uns auf, einander mit einem „heiligen Kuss“ zu grüßen. Was genau bedeutet das?
In 1. Petrus 5,14 heißt es:
„Grüßt euch untereinander mit dem Kuss der Liebe. Friede sei mit euch allen, die ihr in Christus seid!“
(1. Petrus 5,14 – Lutherbibel 2017)
Bedeutet das etwa, dass eine gottesfürchtige Frau mich mit einem Kuss auf die Wange begrüßen sollte? Oder wenn ich deiner Frau auf der Straße begegne und wir beide Gläubige sind – sollte ich sie dann küssen und „Schalom“ sagen? Ist das die Art von Kuss, von der die Bibel spricht?
ANTWORT:
Um diese Stelle richtig zu verstehen, müssen wir sowohl den biblischen Text als auch den kulturell-historischen Hintergrund betrachten.
Der Ausdruck „heiliger Kuss“ oder „Kuss der Liebe“ taucht an mehreren Stellen im Neuen Testament auf:
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Römer 16,16:
„Grüßt euch untereinander mit dem heiligen Kuss. Es grüßen euch alle Gemeinden Christi.“
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1. Korinther 16,20:
„Es grüßen euch alle Brüder. Grüßt euch untereinander mit dem heiligen Kuss.“
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2. Korinther 13,12:
„Grüßt euch untereinander mit dem heiligen Kuss.“
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1. Thessalonicher 5,26:
„Grüßt alle Brüder mit dem heiligen Kuss.“
Diese wiederholten Ermahnungen von Paulus – und einmal auch von Petrus – zeigen, dass dieser Gruß unter den ersten Christen üblich war. Aber was genau bedeutete das?
Historischer und kultureller Hintergrund:
Im antiken griechisch-römischen Raum war ein Kuss auf die Wange eine gängige, respektvolle Begrüßung – vergleichbar mit einem Händedruck oder einer Umarmung heute. Er diente dazu:
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Freundschaft zu zeigen
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Respekt auszudrücken
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Zugehörigkeit oder Treue zu bekräftigen
Auch im Judentum war der Kuss ein vertrautes Zeichen unter Familienmitgliedern und engen Freunden. Er war nicht romantisch, sondern stand für Zuneigung, Vertrauen und Frieden.
Der „heilige Kuss“ in der Bibel war somit ein rituelles Zeichen unter Gläubigen, das christliche Liebe (Agape), Einheit und Gemeinschaft zum Ausdruck brachte – nicht romantische oder sexuelle Zuneigung (Eros).
Geistliche Bedeutung:
Das Wort „heilig“ (griechisch: hagios) bedeutet: abgesondert, rein, göttlich. Ein heiliger Kuss ist also eine reine, geistlich bedeutungsvolle Geste, frei von unlauteren Motiven oder gesellschaftlichem Anstoß.
Im Gegensatz dazu steht der Kuss des Verrats von Judas:
Matthäus 26,48–49:
„Der Verräter aber hatte ihnen ein Zeichen gegeben und gesagt: Welchen ich küssen werde, der ist’s, den ergreift. Und sogleich trat er zu Jesus und sprach: Sei gegrüßt, Rabbi! und küsste ihn.“
Judas benutzte eine eigentlich vertraute Geste für einen verderblichen Zweck – das war alles andere als heilig.
Der Apostel Paulus dagegen sah im heiligen Kuss eine Handlung, die:
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Einheit im Leib Christi stärkt
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geistliche Geschwisterschaft bekräftigt
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Frieden und Liebe Gottes unter Gläubigen sichtbar macht
Theologische Einschätzung:
Paulus’ Aufforderung zum heiligen Kuss war kein Dogma oder ewiges kirchliches Gebot wie etwa die Taufe oder das Abendmahl. Vielmehr war es:
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Ein kultureller Ausdruck echter christlicher Liebe
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Kein zeitloses Ritual
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An den kulturellen Kontext gebunden und anpassbar
In unserer heutigen Welt kann ein Kuss leicht missverstanden werden – besonders zwischen den Geschlechtern oder in bestimmten Kulturen. Das ursprüngliche Anliegen – Liebe und Einheit – könnte durch einen unpassenden äußeren Ausdruck konterkariert werden.
Moderne Anwendung:
Wenn Paulus heute schreiben würde, könnte er vielleicht sagen:
„Begrüßt einander mit einem heiligen Händedruck“
oder
„Mit einer respektvollen Umarmung“
In heutigen Gemeinden könnten angemessene Alternativen zum heiligen Kuss sein:
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Ein herzlicher Händedruck
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Eine kurze Umarmung (z. B. unter gleichgeschlechtlichen Gläubigen)
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Ein verbaler Gruß oder Segen („Friede sei mit dir“, „Schalom“, „Gott segne dich“)
Solange der Geist der Begrüßung heilig ist, spielt die äußere Form eine untergeordnete Rolle.
Praktische Richtlinien:
✅ Vermeide Gesten, die leicht falsch verstanden werden könnten.
✅ Ein Mann, der eine Frau küsst, die nicht seine Frau oder Verwandte ist – vor allem in der Öffentlichkeit oder Gemeinde – kann leicht ein falsches Signal senden.
✅ Lass die Liebe aufrichtig und rein sein.
Römer 12,9:
„Die Liebe sei ohne Falsch. Hasst das Böse, hängt dem Guten an.“
✅ Bewahre Anstand und Rücksicht.
1. Korinther 8,9:
„Seht aber zu, dass diese eure Freiheit nicht den Schwachen zum Anstoß werde.“
Fazit:
Wenn du einer gläubigen Frau begegnest, reicht ein respektvoller Händedruck völlig aus. Er drückt dieselbe Liebe und denselben Frieden aus, den der heilige Kuss einst symbolisierte – ohne Missverständnisse oder Anstoß zu erregen.
Sei gesegnet!
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